Geführtes Zeichnen als Traumatherapie

Dieser Ansatz der sensimotorischen Kunsttherapie ist keine Gesprächstherapie. Er ist vielmehr eine Form der aktiven Meditation nach Dr. Maria Hippius Gräfin Dürckheim und weiterentwickelt von Cornelia Elbrecht, bei der man mit geschlossenen Augen und mit beiden Händen malt [1,2]. So werden die zwei Gehirnhälften gleichzeitig stimuliert und auch synchronisiert. Wir übersetzen innere seelische Bewegungen in gemalte Bewegungen und lernen so, den Energiefluss zu verstehen, ihn umzulenken, zu transformieren und zu integrieren. Durch den bewussten Wechsel zwischen angenehmen und unangenehmen Gefühlen können Blockaden / Traumata nach und nach aufgelöst werden. Der Fokus liegt dabei nicht auf "Was ist passiert?", sondern auf "Was brauche ich jetzt, um die Spannung häppchenweise zu verarbeiten ohne von Emotionen überflutet zu werden?"

Eine wichtige  Rolle spielt dabei das Körpergedächtnis als Speicherort für unbewusste traumatische Erlebnisse (implizites oder somatisches Gedächtnis). Durch den sensimotorischen Ansatz sollen auch solche Erinnerungen erreicht werden, die nicht bewusst abgespeichert wurden im erinnerbaren expliziten Gedächtnis wie zum Beispiel sehr frühe Erfahrungen im Mutterleib und in den ersten Lebensjahren.

Im Prozess der Aufarbeitung kommt man zunehmend mit seinem innersten Wesenskern in Kontakt, eine Rückverbindung an das wahre Selbst wird möglich. So können verdrängte, unbewusste Inhalte, Emotionen, Muster und Traumata ins Bewusstsein geholt und verarbeitet werden. Die entstehenden Zeichnungen spiegeln die Begegnung mit Licht- und Schattenaspekten unserer Psyche wider, indem sie den Entwicklungsprozess dokumentieren.

Zusätzlich finden bei Bedarf Elemente aus der Tonfeldtherapie (Arbeit am Tonfeld nach Sigrid Kühn-Eschenbach), aus dem Somatic Experiencing (nach Peter A. Levine) und aus dem EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing nach Francine Shapiro) Anwendung.

 

"Die Dinge, die wir sehen, sind dieselben Dinge, die in uns sind. Es gibt keine Wirklichkeit  als die, die wir in uns haben. Darum leben die meisten Menschen so unwirklich, weil sie die Bilder außerhalb für das Wirkliche halten und ihre eigene Welt in sich gar nicht zu Wort kommen lassen. Man kann glücklich dabei sein. Aber wenn man einmal das andere weiß, dann hat man die Wahl nicht mehr, den Weg der meisten zu gehen." 

- Hermann Hesse -

 

 

Bin ich auch traumatisiert?

Diese Frage stellen sich wohl viele.... Zurecht, denn Kindheitstraumata sind leider eher die Regel als die Ausnahme. Vor allem emotionaler Missbrauch und emotionale Vernachlässigung sind sehr häufig in unserer Gesellschaft und reichen völlig aus für ein Bindungs- und Entwicklungstrauma.

Ein Trauma kann sich unter anderem wie folgt äußern [vgl. 3 und 4]:

  • emotionale Flashbacks / Trigger
  • tyrannischer innerer Kritiker
  • toxische Scham
  • Selbstaufgabe
  • fragiles Selbstwertgefühl
  • Bindungsunfähigkeit
  • Entwicklungshemmungen
  • Beziehungsprobleme
  • drastische Stimmungsschwankungen
  • Dissoziation
  • leicht erregbare Kampf-oder-Flucht-Reaktion
  • Überempfindlichkeit gegen Belastungen
  • Suizidgedanken
  • Hypervigilanz (übermäßige Wachsamkeit)
  • flache und unvollständige Atmung
  • permanent erhöhter Adrenalinspiegel
  • Panzerung, d.h. chronische Muskelanspannung
  • Unfähigkeit, voll präsent, entspannt und geerdet im eigenen Körper zu ruhen
  • Schlafstörungen durch Überaktivierung
  • Verdauungsstörungen
  • physiologische Schäden durch exzessive Selbstbehandlung mit Essen, Alkohol oder Drogen
  • Alpträume und nächtliche Angstattacken
  • Panikattacken, Ängste und Phobien
  • übertriebene oder verminderte sexuelle Aktivität
  • Gedächtnisverlust und Vergesslichkeit
  • verminderte emotionale Reaktionen
  • chronische Müdigkeit
  • Probleme mit dem Immunsystem
  • Überempfindlichkeit gegenüber Sinneseindrücken
  • Fehlfunktionen der Schilddrüse
  • psychosomatische Erkrankungen wie Kopfschmerz, Migräne, Nacken- und Rückenprobleme
  • chronische Schmerzen
  • Fibromyalgie
  • Asthma
  • Hautbeschwerden
  • starkes prämenstruelles Syndrom
  • Depression und Gefühle von drohendem Unheil
  • Gefühle von Getrenntsein, Entfremdung und Isolation

Und natürlich sind Traumata auch sehr oft der Grund für weitere psychische Diagnosen, denen in erster Linie eine posttraumatische Belastungsstörung  zugrunde liegt.

(1)  Cornelia Elbrecht (2011): Die Wandlungsreise, Der Prozess des Geführten Zeichnens - eine initiatische Kunsttherapie, Johanna Nordländer Verlag, Rütte.

(2) Cornelia Elbrecht (2018): Healing trauma with guided drawing - A sensimotor art therapy approach to bilateral body mapping, North atlantic books, Berkeley, California.

(3) Pete Walker (2023): Posttraumatische Belastungsstörung, vom Überleben zu neuem Leben, Narayana Verlag, Kandern.

(4) Peter A. Levine (2023): Vom Trauma befreien, Kösel-Verlag, München.

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